Die Museumsschmiede
Das heutige Gebäude stand ursprünglich in Berglase auf Rügen, wurde dort 1995 demontiert und in Gingst, gefördert durch den Landkreis Rügen, wieder aufgebaut. Bevor die Schmiede am 1. Mai 1996 der Öffentlichkeit übergeben werden konnte, hatten beim Bau viele Fachleute, teilweise ehrenamtlich, angepackt oder Helfer kostenlos beraten. Das Inventar hatte man zuvor aus ehemaligen Gingster Schmieden übernommen. Ein besonderer Tag war der 1. Mai für den damaligen Museumsleiter Olaf Klut, der die Errichtung auf den Weg gebracht und koordiniert hatte, aber auch noch aus einem anderen Grund. Am selben Tag wurde seine Tochter geboren, so dass er zwischen Geburtsklinik und Schmiede hin- und herpendelte.
Der Schmied Horst Troike, der sein Handwerk noch beim Gingster Schmied Kankel gelernt hatte, vollzog die ersten Hammerschläge am Amboss und schmiedete zur Einweihung ein Hufeisen. In den nächsten Jahren kümmerten sich nacheinander die Schmiede Holger Melzer aus Bargteheide und Stefan Kelting aus Eberswalde um die neue Museumsschmiede.
Ab Mitte der 2000-er übernahm dann Hans-Otto Knuth. Nachdem Hans-Otto fast sein gesamtes Berufsleben an der Müritz verbracht hatte, war er 1993 zusammen mit der Familie in seine Gingster Heimat zurückgekehrt. Sein Schmiedehandwerk hatte er noch in Trent erlernt, später seinen Meister als Schlosser gemacht und zuletzt als technischer Betriebsleiter gearbeitet. Seine große Leidenschaft aber blieb stets das Schmieden.
Zur allgemeinen Freude begann Hans-Otto Knuth damit, die Museumsschmiede zu einem lebendigen Ort des Handwerkermuseums zu machen. Regelmäßig ließ er sich nun bei der Arbeit über die Schulter schauen. In Workshops vermittelte er Einblicke in die historische Arbeitsweise des Schmiedehandwerks. Handgeschmiedete Nägel aus der Zeit sind dort noch heute zu bewundern. Als Botschafter seines Fachs war er aber auch auf der gesamten Insel unterwegs, die Vorführungen an seiner Feldschmiede waren stets eine Attraktion.
Ganz unerwartet verstarb Hans-Otto Knuth im Jahre 2018 im Alter von 80 Jahren.
Eine Bereicherung für die Museumsgemeinde ist die Schauwerkstatt auch heute noch. Das Demonstrationsschmieden hat seinen festen Platz im Betrieb der Historischen Handwerkerstuben behalten und gewährt den Besuchern einen kleinen Einblick in das traditionelle Handwerk.
Die Entwicklung des Schmiedehandwerks
Nach der Bronzezeit, etwa im 7.Jh vor Chr., wurde das Eisen zum wichtigsten Metall, während die Bronze mehr und mehr als Schmuckmetall verwendet wurde. Eisen eignete sich mit seiner größeren Härte, Haltbarkeit und Zuverlässigkeit für die Herstellung von Messern, Schwertern, Äxten und Spießen. Aber auch wichtige Geräte in der Landwirtschaft, z. B. Pflüge, Eggen, Radeisen, Hacken und Beschläge wurden daraus hergestellt. Diese Eigenschaften des Metalls ließen den Beruf des Schmieds entstehen.
Im Laufe der Jahrhunderte kam es zur Spezialisierung des Handwerks. Bald gab es den Beschlagschmied für Wagen und Ackergeräte, den Hufschmied, den Messer- oder Nagelschmied, den Kupferschmied, den Waffenschmied oder den Harnisch- und Kunstschmied.
Der Schmied fertigte neue Gerätschaften und Gebrauchsgegenstände, aber meist wurde er benötigt, um verschlissene Teile aufzuarbeiten. So widmete sich der Schmied bis vor ca. 70 Jahren hauptsächlich den Belangen der Landwirtschaft, es dominierten der Wagen-, Huf- und Ackergeräteschmied. Andere Bereiche, wie die Ausfertigung von Massenartikeln, wurden zunehmend durch die Manufakturen bzw. die Industrien übernommen und weiterentwickelt.
Das Schmiedehandwerk in Gingst
Das Angerdorf war in früheren Zeiten ein wichtiger Knotenpunkt an der Alten Heringstraße, der Handelsroute zwischen Altefähr und Kap Arkona. Alles wurde mit Pferd und Wagen befördert. Gingst entwickelte sich dadurch zu einem bedeutenden Handwerkszentrum. Drei Schmieden waren bis ins 20. Jh. in Betrieb: die Schmiede „Budden Kankel“ unmittelbar bei Klein Capelle, die Schmiedewerkstatt von Meister Emil Kankel in Gingst, die bis Mitte der 60er Jahre arbeitete, sowie die Schmiede von Fritz Elgeti in der Mühlenstraße. Diese war die größte der drei Werkstätten, dort wurden noch bis zum Ende Lehrlinge ausgebildet.
Text: Gerlinde Bieker
Quellen: